Anglizismus des Jahres 2010: Das Ergebnis

Anglizismus des Jahres 2010 Wörterwolke

Was als spontane Idee begann und als aufwändiger Nominierungs- und Auswahlprozess weiterging, erreicht heute seinen vorläufigen Höhepunkt: Der erste „Anglizismus des Jahres“ in der noch jungen Geschichte dieser Wörterwahl ist da.

Anglizismus des Jahres 2010 ist leaken.

Die Jury hat an diesem Wort nicht nur seine Aktualität überzeugt, sondern auch die Tatsache, dass es sich um eine wirkliche Bereicherung des deutschen Wortschatzes handelt und dass es sich bestens in das Lautsystem, die Morphologie und die Grammatik des Deutschen einfügt. Dass es sich in die deutsche Orthografie nicht optimal einfügt, haben wir zwar im Zuge der Auswahl diskutiert, aber Lehnwörter haben das nun einmal so an sich — man denke an althergebrachte Merkwürdigkeiten wie ‹ph› für [f] (z.B. in Philosophie) oder ‹au› für [ɔ] und ‹eu› für [ø] (z.B. in Chauffeur).

Auf Platz zwei setzt die Jury entfrienden/entfreunden, auf Platz 3 den Whistleblower. Außerdem haben es von den knapp vierzig Vorschlägen bis in die Endrunde geschafft:  App, Scripted Reality, liken und Shitstorm.

Die Leserinnen und Leser haben sehr ähnlich entschieden: In der Publikumsabstimmung haben auch sie leaken auf den ersten Platz gewählt, und die anderen Favoriten der Jury belegen ebenfalls vordere Ränge. Der einzige auffällige Unterschied ist, dass App beim Publikum dicht hinter leaken auf dem zweiten Platz gelandet ist, während entfreunden/entfrienden auf einem leicht abgeschlagenen vierten Platz ins Ziel geht.

Publikumswahl zum Anglizismus des Jahres 2010

Die Jury hat hier die sprachwissenschaftlich interessanten Aspekte von entfreunden/entfrienden stärker gewichtet (die schrittweise Eindeutschung von unfrienden zu entfrienden zu entfreuden und die klar vom englischen Original beeinflusste Grammatik erschienen uns interessanter als das zwar überaus griffige aber sprachstrukturell doch eher unauffällige App, das in unserer internen Abstimmung ganz knapp hinter Whistleblower lag.

Die Aktion hat großen Spaß gemacht, hoffentlich nicht nur uns, sondern auch den Leserinnen und Lesern. Wir hoffen, dass wir damit einen Beitrag zu einer differenzierteren Wahrnehmung von Anglizismen und Wortentlehnungsprozessen leisten konnten und können. Und während wir noch über den „Anglizismus des Jahres 2010“ diskutieren,sollten wir nicht vergessen, auf die vielen mal mehr, mal weniger interessanten, nützlichen und schönen Lehnwörter zu achten, die 2011 unsere Sprache bereichern werden. Denn auch am Ende dieses Jahres wird es wieder eine Anglizismenwahl geben!

Danksagungen

Bei den Mitgliedern der Jury — Susanne Flach von */ˈdɪːkæf/, Juliana Goschler vom KXG-Blog, Kristin Kopf vom [ʃplɔk] und Michael Mann vom lexikographieblog — bedanke ich mich für die interessanten Diskussionen und exzellenten Blogbeiträge; bei Sprachlogleser Gregor für die Vision, dass der Anglizismus des Jahres mehr sein kann und soll als eine Spielerei auf einem Blog, und beim Pressebüro Thomas Warg für die Unterstützung bei der Veröffentlichung des Ergebnisses.

Glückwunsch auch an Sprachlogleser Patrick Schulz, der das Siegerwort ursprünglich nominiert hat.

Hier noch einmal die Links zu allen Beiträgen, die die Mitglieder der Jury während der Auswahlphase zu verschiedenen mehr oder weniger aussichtsreichen Wortkandidaten geschrieben haben:

Reaktionen

Presse, national

Presse, international

Blogs, extern

Blogs, intern (Jury-Mitglieder)

© 2011, Anatol Stefanowitsch

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