Wortkandidaten 2013: ranten

Wenn ein Mitglied der „Netzgemeinde“ sich verbal über etwas aufregt ist, schimpft, tobt oder zetert es nicht, es rantet.

Im Sprachlog diskutiert Jurymitglied Susanne Flach die Herkunft und Entwicklung des Wortes und seine (trotz der unbestrittenen Nützlichkeit eher mageren) Aussichten auf den Sieg beim Anglizismus des Jahres 2013.

Wortkandidaten 2013: Veggie Day

Der Ausdruck „Veggie Day“ ist durch die Berichterstattung der BILD-Zeitung über einen Vorschlag der Grünen bekannt geworden, in öffentlichen Kantinen an einem Tag pro Woche nur vegetarische Gerichte anzubieten.

Im lexikografieblog diskutiert Jurymitglied Michael Mann die Herkunft und Entwicklung des Wortes und seine Aussichten auf den Sieg beim Anglizismus des Jahres 2013.

Die Shortlist 2013

Fast hundert Wörter haben Publikum und Jury in diesem Jahr für den Anglizismus des Jahres nominiert – mehr als je zuvor. In den letzten Tagen hat die Jury diese Nominierungen auf ihre Tauglichkeit für den Wettbewerb abgeklopft und eine Shortlist von 16 Wortkandidaten erstellt. Dabei wurden zwölf Wörter streng nach unseren Kriterien ausgewählt; zusätzlich durfte jedes Jurymitglied ein Herzenswort nach Belieben auf die Shortlist setzen, um auch Außernseiterwörtern eine Chance zu geben, sich zu beweisen.

Die sechzehn Wörter werden in den nächsten Wochen hier und in den Blogs der Jurymitglieder ausführlicher besprochen werden, bevor es dann Mitte Januar an die Abstimmung geht. Das Siegerwort wird am 28. Januar 2014 offiziell bekanntgegeben (wir hätten es früher gemacht, aber wir wollten den Kolleg/innen vom „Unwort des Jahres“ nicht dazwischenfunken).

Nun zu den Wörtern.

Besonders interessant: In diesem Jahr haben es gleich drei Affixe auf die Liste geschafft – sprachliche Elemente, die an einen Wortstamm angehängt werden können, um ein neues Wort zu bilden. Ein Wiedergänger ist dabei das Suffix –gate (das 2013 z.B. in Wörtern wie Eierlikörgate, Nipplegate, Dirndl-Gate, Krümelgate, Fähnchen-Gate und Stadtwerke-Gate vorkam. Erstmals nominiert sind die Präfixe Fake– (z.B. in Wörtern wie Fakeschreiber, Fake-Seite, Fake-Account, Fake-Profil, Fake-Foto, Fake-Shop, Fake-Anruf und Fake-Medizin) und Cyber– (z.B. in Cyber-Sicherheit, Cyberattacke, Cyberangriff, Cybermobbing, Cybercrime, Cyberkriminalität, Cyberspionage, Cyber-Experten, Cyberterrorismus, Cyber-Raum, Cyber-Vorfall und Cyber-Betrüger). Interessant an allen drei Affixen ist, dass sie nicht nur mit englischen, sondern auch mit genuin deutschen Wortstämmen kombiniert werden, also im Deutschen produktiv und kreativ eingesetzt werden, um den Wortschatz zu erweitern.

Daneben dominieren wieder Wörter aus dem Bereich Technologie und Netzkultur. In die erste Kategorie fallen Big Data, Gamification, Paywall und (als einziger Hardware-bezogener Wortkandidat) Smartwatch. Die zweite Kategorie ist durch die Substantive Hashtag und Selfie (das Oxford Dictionaries Word of the Year) und die Verben ranten und instagrammen vertreten. Auch der Whistleblower, der schon 2010 unter den Top 3 war und 2013 durch Edward Snowdens Enthüllungen wieder aktuell wurde, gehört in gewisser Weise in diese Kategorie.

Schließlich gibt es noch verschiedene Wortkandidaten aus anderen Bereichen – die Substantive Landgrabbing, Veggie Day und Thigh Gap und das Verb performen, das zwar bereits im Duden steht, aber trotzdem einen Häufigkeitszuwachs verzeichnen konnte, der vielleicht für die Endrunde reicht.

Hier noch einmal die gesamte Liste der Wörter in der Endrunde mit Links zu den Diskussionen im Sprachlog und Lexikografieblog:

Wortkandidaten der Jury, Teil II

Wir gehen in die Nominierungs-Endrunde: Noch bis Sonntag könnt ihr eure Wortkandidaten für den Anglizismus des Jahres 2013 nominieren – auf unserer Nominierungsseite, auf unserer Facebook-Seite oder per Mention an unseren Twitteraccount @anglizismenwahl.

Die Jury hat sich in den letzten Wochen auch noch einmal durch Archive von Neuwörtern im Englischen gewühlt, um Wörter aufzuspüren, die den Sprung ins Deutsche gemacht haben. Zehn Wörter haben wir dabei noch einmal gefunden (zwei von ihnen, Blackface und Digital Native waren im letzten Jahr schon bei uns nominiert).

Die anderen acht sind: Twerking (das das bis jetzt niemand nominiert hatte, ist eigentlich ein Wunder), First World Problems, Webinar, Tapering (als einsamer Vertreter des Finanz- und Wirtschaftsvokabulars), und eine Reihe von Wörtern aus dem Bereich IT – 3D-Printer, Wearables/Wearable Computing, IP-Address-Spoofing und Password Wallet.

Auch hier gilt: Ob die Wörter unseren strengen Kriterien genügen, muss sich erst noch zeigen. Und ob das Siegerwort sich schon unter diesen oder den anderen bisherigen Nominierungen versteckt, oder ob ihr es in letzter Minute am Wochenende nominiert – wer weiß!

Oxford Dictionaries Word of the Year 2013: Selfie

Ein heißer Kandidat auf den Anglizismus des Jahres 2013 ist gerade noch heißer geworden. Die Oxford Dictionaries haben ihr Word of the Year (das quasi-offizielle britische Wort des Jahres) bekannt gegebenSelfie.

Selfie des JuryvorsitzendenEinstimmig sei die Entscheidung gewesen, berichtet die Jury. Zwar ist das Wort schon gute zehn Jahre alt; die älteste bekannte Verwendung stammt aus einem australischen Internetforum wo ein Nutzer namens Hopey am 13. September 2002 den denkwürdigen Satz schrieb:

Um, drunk at a mates 21st, I tripped ofer and landed lip first (with front teeth coming a very close second) on a set of steps. I had a hole about 1cm long right through my bottom lip. And sorry about the focus, it was a selfie.

Aber seinen weltweiten Siegeszug trat diese typisch australische Verkleinerungsform von Self Portrait erst im Jahr 2013 an – dem Jahr, in dem die dazugehörige Praxis des Selbst-Fotografierens vom Fringe-Phänomen zum kulturellen Mainstream wurde.

Ein würdiges Word of the Year, auf das ich standesgemäß mit einem Selfie anstoße und das sich unsere Jury zu gegebener Zeit noch ganz genau ansehen wird!

Wortkandidaten der Jury, Teil I

Die Anglizismus-des-Jahres-Wahl wird entscheidend von Ihren Nominierungen getragen – das war in der Vergangenheit so, und das wird auch so bleiben. In diesem Jahr werden Ihre Vorschläge aber erstmalig durch eine eigene Recherche der Jury ergänzt.

Die Grundlage für unsere Recherche bildet die Wortwarte des Berliner Sprachwissenschaftlers Lothar Lemnitzer. Lemnitzer durchsucht seit über zehn Jahren täglich eine Reihe von Online-Medien halbautomatisiert nach sogenannten Neologismen, also neu geschöpften oder neu entlehnten Wörtern und veröffentlicht die Ergebnisse. Auf diese Weise entsteht ein einzigartiges Archiv der Entwicklung des deutschen Wortschatzes, das Wortbegeisterte zu stundenlangen Erkundungsspaziergängen einlädt.

Bis zum Stichtag für unsere Recherche, den 19. Oktober 2013, hatte die Wortwarte für das laufenden Jahr 1.954 Wörter dokumentiert. Auf dieser Liste haben wir zunächst in 621 Wörter identifiziert, die dem Kriterium unserer Wörterwahl entsprechen, also ganz oder in Teilen aus englischem Wortgut bestehen. In aufwändiger Handarbeit haben wir diese Liste dann nach guten Wortkandidaten durchsucht.

Zunächst habe ich alle Wörter aussortiert, deren englischsprachige Wortanteile aus längst etablierten Lehnwörtern bestehen – Wörter wie Baby-Industrie, Überwachungsparty und Lifestylediktatur. Dann habe ich Wörter aussortiert, bei denen ich mir sicher war, dass sie schon länger im Gebrauch waren – Wörter wie Powernapping, Wingsuit-Springer und Cradle-to-Cradle-Philosophie. Schließlich habe ich alle Wörter aussortiert, die mir wie Spontanschöpfungen oder -entlehnungen aussehen, die keinesfalls schon ausreichend verbreitet sind, um sich für unseren Wettbewerb zu qualifizieren – z.B. After-Baby-Bauch oder Pferde-Casting. Da ich mich hier auf meine Intuition verlassen musste, können mir hier Fehler unterlaufen sein – meine komplette Liste der Wortwarte-Anglizismen findet sich hier, falls sie jemand nach weiteren Wortkandidaten durchforsten möchte.

Die übrig gebliebenen Wörter haben ich einem kurzen Plausibilitätstest unterzogen, indem ich mittels Google Trends überprüft habe, ob ihr Anteil am Suchvolumen 2013 gegenüber 2012 einen deutlichen Anstieg zeigte. Das sollte messen, inwiefern die Wörter 2013 ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit gelangten. Ein großer Teil der Wörter fiel hier weg, weil Google Trends wegen eines zu geringen Suchvolumens keine Zahlen lieferte.

Übrig blieben (nach Abzug der bereits nominierten Wörter) nur 12 Wörter, die als potenzielle Kandidaten mit auf unsere Nominierungsliste kommen. In der Reihenfolge ihrer oberflächlichen Wichtigkeit sind das: Big Data, Smartwatch, Touch-ID, Slow Sex, No-Spy-Abkommen, Dry-Aging, Musikflat, Freemium, Unboxing, Fingerprint, Fake- und E-Ink. Für die Endrunde werden sie sich nicht alle qualifizieren – die Popularität von Slow Sex geht auf einen entsprechenden Buchtitel zurück, No-Spy-Abkommen könnten wir am Ende als Eigenname werten und Fingerprint hat einen Duden-Eintrag, kann also eigentlich nicht so neu sein.

Ihre eigenen Nominierungen können Sie noch bis zum 24. November auf unserer Nominierungsseite eintragen!

Zuwachs für den Anglizismus des Jahres

Als Sprache der Globalisierung ist das Englische nicht nur für das Deutsche eine wertvolle Quelle neuer Wörter, sondern für alle Sprachen. Und so war es wohl auch nur eine Frage der Zeit, bis der Anglizismus des Jahres sich in andere Sprachräume ausdehnen würde.

Inspiriert von der großen Resonanz, die die deutsche Anglizismenwahl in den letzten Jahren hervorgerufen hat, haben die Sprachwissenschaftlerin Sterre Leufkens und ihr Kollege Marten van der Meulen einen niederländischen Ableger ins Leben gerufen – den Anglicisme van het Jaar (wer Niederländisch lesen kann, erfährt hier alles über die Einstellung der beiden zu Lehnwörtern und deren Rolle für das Niederländische.

Ab sofort, und noch bis zum 28. November 2013, nehmen die beiden auf ihrer Nominierungsseite Vorschläge entgegen. Die Regeln gleichen dabei denen des deutschen Originals: Die Wörter müssen ganz oder in Teilen aus englischem Wortgut bestehen, sie müssen im laufenden Jahr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangt sein und sie müssen eine Bereicherung des Wortschatzes – in diesem Fall natürlich dem des Niederländischen – darstellen.

Wir freuen uns natürlich, dass es die Beste Wörterwahl der Welt jetzt auch in den Niederlanden gibt sind gespannt auf die Ergebnisse, über die wir natürlich auch hier berichten werden. Des Niederländischen mächtige Anglizismenfans können den Fortgang des Anglicisme van het Jaar natürlich auch direkt bei den niederländischen Kolleg/innen auf Facebook, Twitter oder in ihrem Blog De Taalpassie van Milfje verfolgen.

Die Vor- und Frühgeschichte des Anglizismus des Jahres

Im Internet geht ja eigentlich nicht viel verloren, aber dass der Anglizismus des Jahres einen kurzzeitigen Vorläufer hatte, habe ich nur durch Zufall herausgefunden.

Drei Jahre lang, von 1999 bis 2001, veranstaltete der Wörterbuchverlag PONS seine eigenen Wörterwahlen. Neben den „offiziellen“ Wahlen zum Wort des Jahres (durchgeführt von der Gesellschaft für Deutsche Sprache) und zum Unwort des Jahres (durchgeführt von einer unabhängigen Jury um den Frankfurter Germanisten Horst Schlosser) kürte auch PONS ein Wort, ein Unwort und ein Neuwort des Jahres – und in den ersten beiden Jahren außerdem einen Anglizismus des Jahres.

Viel ist von der Aktion nicht zurückgeblieben. Auf den Webseiten des Verlags finden sich keine Hinweise mehr auf diese Wörterwahlen – selbst, als das „Deutschblog“ des PONS-Verlags über unseren Anglizismus des Jahres 2011 berichtete, fehlte jeder Hinweis auf den hauseigenen Versuch, schon zehn Jahre zuvor eine Anglizismenwahl zu etablieren. Mit viel Geduld konnte ich aber in der Wayback Machine des Internet Archive eine alte Meldung des Verlags ausfindig machen, und mit den dort gefundenen Informationen dann auch die alten Pressemeldungen bei APA OTS. So können wir die Urahnen unserer Anglizismen des Jahres hier für die Nachwelt festhalten.

1999: Y2K
2000: 1. Green Card; 2. New Economy; 3. Analyst.

Im Jahr 2001 war kein Anglizismus des Jahres mehr dabei, aber auf Platz 3 der Neuwörter befand sich immerhin das Lehnwort Sexing. Danach verschwanden die PONS-Wörterwahlen wieder – warum, lässt sich nicht nachvollziehen.

Schade ist es allemal, weil laut Pressemitteilung die PONS-Wörterwahlen auf „Frequenzanalysen und Wortbeobachtungen“, also auf nach sprachwissenschaftlichen Kriterien ausgewerteten Daten, beruhten – etwas, das unter den heutigen Wörterwahlen nur der Anglizismus des Jahres von sich sagen kann.

Schade auch, weil die Wörter Y2K und Green Card einen schönen Einblick in die damalige Zeit festhalten – so wie es auch die von uns gewählten Wörter leaken (2010), Shitstorm (2011) und Crowdfunding (2012) tun. Und hoffentlich auch der Anglizismus des Jahres 2013, für den Sie noch bis zum 24. Oktober Ihre Nominierungen abgeben können.

Anglizismus 2013: Startschuss

Mit der Eröffnung der Nominierungsphase geht der Anglizismus des Jahres heute in die vierte Runde. Den Startschuss gab, wie immer, der Juryvorsitzende Anatol Stefanowitsch im Sprachlog.

Vier Wochen lang sammelt die Jury nun Nominierungen – dabei sind wie immer auch Ihre Vorschläge erwünscht. Auf unserer Nominierungsseite können Sie uns mitteilen, welches englische Lehnwort für Sie die deutsche Sprache im laufenden Jahr am stärksten bereichert hat.

Wir sind gespannt, welche Wörter in diesem Jahr in die Endrunde kommen und die Chance erhalten, den bisherigen Siegerwörtern leaken (2010), Shitstorm (2011) und Crowdfunding (2012) in den Olymp der Anglizismen zu folgen.

Auf dem laufenden halten können Sie sich hier im Blog, oder Sie folgen uns auf Twitter oder Facebook. Auch auf den Twitter- und Facebook-Kanälen des Sprachlogs erhalten Sie natürlich alle aktuellen Neuigkeiten.

Anglizismus des Jahres 2012: Publikumsabstimmung

Zwei Monate lang haben wir Ihre Nominierungen gesammelt,  vier Wochen lang haben wir sortiert und analysiert, und heute ist es so weit: Die Kandidaten für die Endrunde stehen. Die Jury macht sich jetzt an die schwierige Aufgabe, aus diesen Kandidaten die Shortlist und natürlich den Sieger des diesjährigen Wettbewerbs auszuwählen. Und auch Sie dürfen natürlich, wie im letzten Jahr, Ihren Favoriten wählen. Wenn Sie noch nicht sicher sind, lesen Sie sich in aller Ruhe noch einmal die Analysen der Jury durch, die hier verlinkt sind. Die Abstimmung endet am 1. März 2013 um Mitternacht!

[Nachtrag: Weil es in der Abstimmungsphase oft missverstanden wird: Hier geht es nicht um „nervige“ oder „überflüssige“ Anglizismen — langweiliges Lehnwortbashing überlassen wir den Kulturpessimisten und Sprachnörglern. Hier geht es darum, welches englische Lehnwort im Jahr 2012 besonders interessant, wichtig und/oder bereichernd war.]

[Hinweis: Die Abstimmung ist beendet, aber dies ist noch kein offizielles Ergebnis, da wir zunächst noch die Logdateien der Umfrage genau überprüfen werden.]