Kategorie-Archiv: Wortkandidaten

Cyberkrieg/Cyberwar

Im Sprachlog geht es heute um zwei scheinbar schon zu alte Wortkandidaten:

Cyberkrieg/Cyberwar ist eine sinnvolle Ergänzung der deutschen Sprache – Cyber ist überhaupt ganz allgemein ein schönes Präfix, das an vielen Stellen nützlich sein kann. Seine Entstehungsgeschichte zeigt übrigens, dass Einzelpersonen — wie hier William Gibson — tatsächlich einen Einfluss auf die Entwicklung von Sprache nehmen können.

Tatsächlich finden sich sowohl Cyberwar als auch Cyberkrieg schon seit Mitte der 1990er Jahre in deutschsprachigen Büchern und Zeitungen. Allerdings führen die Wörter danach viele Jahre ein Nischendasein und haben erst in den letzten Jahren einen deutlichen Häufigkeitsanstieg erfahren.

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adden

Im [ʃplɔk] wird heute das erste Verb des diesjährigen Wettbewerbs diskutiert:

adden ist eine Großtante von frienden, auch hier geht es darum, jemanden im Internet zu einer Kontaktliste hinzuzufügen, sodass man mit dieser Person kommunizieren kann. Basis ist das englische to add‘hinzufügen’, vom lateinischen addere. (Auf letzteres geht natürlich auch das deutsche addieren zurück, das aber in seiner Bedeutung auf die Mathematik begrenzt ist.)

Der Nominator nennt als prototypische Verwendungskontexte Skype, ICQ und Steam (ja, kannte ich auch nicht). Hinzu kommt die eng verwandte Nutzung für das Hinzufügen von Computerspielcharakteren, wie es z.B. in einem Kommentar im Szenesprachwiki und im Eintrag Computerspieler-Jargon bei Wikipedia erklärt wird.

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Masterand

Nominiert wurde Masterand von Leser/in kww:

Ich möchte das Wort “Masterand” vorschlagen. Es ist natürlich eine Analogiebildung zu Diplomand, d.h. es bezeichnet jemanden, der an seiner Masterarbeit arbeitet.

Mir ist dieses Wort in diesem Jahr zum ersten Mal und bisher nur in mündlicher Form untergekommen. Nach der Umstellung von den Diplomstudiengängen zu Bachelor/Master-Studiengängen taucht diese Sorte Menschen jetzt zum ersten Mal auf (zumindest in meiner Umgebung). Google zeigt, dass es auch schriftlich vorkommt, vor allem in Stellenanzeigen und da meistens in der Kombination “Diplomand/Masterand”.

Begeben wir uns auf Exkursion und beginnen ein wenig früher. Weiterlesen

Shitstorm

Die Kandidaten für die Wahl zum Anglizismus des Jahres stehen fest – und werden von den Jurymitgliedern in den nächsten Wochen in Blogs und Foren diskutiert werden. Ich mache bei mir den kurzen Auftakt mit Shitstorm. Dieser Kandidat ist bereits zum zweiten Mal nach 2010 nominiert, wo er es in die Endrunde schaffte (war wenig aussichtsreich). Ich diskutierte Shitstorm bereits letztes Jahr in diesem Beitrag.

In die engere Auswahl schaffte es der Begriff also auch 2011. Shitstorm ist in einer schnellen Googlesuche 2011 etwa doppelt so häufig wie 2010. Grund genug, mal zurück und voraus zu blicken. Außerdem wenden wir uns der Frage zu, ob Shitstorm ein sogenannter Scheinanglizismus ist – das gehört auf den ersten Blick nicht hierher, aber irgendwie halt doch. Weiterlesen

Occupy

Im Sprachlog wird heute der nächste Kandidat für den Anglizismus des Jahres 2011 diskutiert:

Die American Dialect Society hat vor ein paar Tagen das amerikanische „Word of the Year“ bekannt gegeben: occupy (als Verb und als Substantiv). Damit hat nach dem deutschen Wort des Jahres Stresstest schon das zweite der für den Anglizismus des Jahres nominierte Wort diese Auszeichnung erhalten — ein Zeichen dafür, dass unsere Kandidatenliste so schlecht nicht sein kann.

[…]

In Bezug auf Occupy lässt sich zunächst feststellen, dass das Wort nur mit seiner neuen Bedeutung „Protest bzw. Wiedererlangen von Kontrolle durch massenhafte und andauernde Anwesenheit“ ins Deutsche entlehnt worden ist. Das liegt natürlich daran, dass das Wort eben im Kontext der Occupy-Bewegung entlehnt wurde.

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Barcamp

Im Lexikographieblog wird heute der erste Kandidat für den Anglizismus des Jahres 2011 diskutiert:

Barcamp ist ein Kompositum, bestehend aus den Konstituenten Bar und Camp. Das Wort Camp, seinerseits ein Anglizismus, ist im Deutschen nicht selten, in den Texten des DeReKo lassen sich fast 3000 unterschiedliche Camps mit Zigtausenden von Einzelbelegen ermitteln, vom ABC-Camp über dasDiabetescamp, Kindernationalparkcamp, Max-Planck-Forschercamp und Resozialisierungscamp bis hin zum Zucht-und-Ordnung-Camp. Schon 1974 heißt es beispielsweise: „Rinus Michels gewährte seinen Stars nach elf Tagen Dauerstreß im Trainingscamp über Pfingsten Freizeit“ (Die Welt, 04.06.1974, via COSMAS). Auch allgemeinsprachliche Wörterbücher wie Duden oder Wahrig führen das Camp auf. Als Kompositum hat Barcamp die gleichen grammatischen Eigenschaften wie das Grundwort Camp, insbesondere das Genus Neutrum und die Genitiv-Singular- und die Pluralbildung auf -s.

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Die Kandidaten für den Anglizismus des Jahres 2011

Mit angehaltenem Atem wartet die Welt auf die Bekanntgabe der Wörter, die es in die zweite Runde der Wahl zum Anglizismus des Jahres geschafft haben, und da es ungesund ist, zu lange den Atem anzuhalten und da wir wahrhaftig wichtigere Probleme haben als einen lexophil bedingten Sauerstoffmangel, will ich die Welt nicht länger warten lassen und präsentiere hiermit die Nominierungen, die die Vorauswahl der strengsten Wörterwahljury Deutschlands überlebt haben.

Um das zwangsläufig folgende Kopfschütteln und die Empörung in Grenzen zu halten, zwei Vorbemerkungen. Erstens, dass ein Wort in die zweite Runde kommt, bedeutet noch nicht unbedingt, dass es sich auch tatsächlich endgültig qualifiziert hat. Es bedeutet zunächst nur, dass die Jury dies mehrheitlich für möglich hält. Die Wörter werden in den nächsten Wochen in den Blogs der Jurymitglieder genauer überprüft und können dort natürlich auch diskutiert werden. Dabei scheidet sicher noch der eine oder andere Wortkandidat aus. Zweitens, ein Wort zählt im Rahmen dieses Wettbewerbs als „neu“, wenn es im Jahr 2011 erstmals in den Sprachgebrauch einer breiteren Öffentlichkeit gelangt ist, bzw. dort einen deutlichen Häufigkeitsanstieg verzeichnet. Das Wort kann in sprachlichen Subkulturen also durchaus älter sein, ohne sich deshalb gleich zu disqualifizieren.

Klar für die zweite Runde qualifiziert haben sich nach unseren Vorberatungen (in alphabetischer Reihenfolge) die folgenden Wörter:

adden, Barcamp, Bromance, circlen, Cloud, Euro-Bonds, Hacktivism, Haircut (im Sinne von „Abschläge vom Wert von Kreditsicherheiten“), Liquid Democracy, Masterand, Occupist, Occupy (inkl. Occupy-Bewegung), Partnering, Post-Privacy, screenshotten, Scripted Reality, Shitstorm, Stresstest und Tablet.

Wie sich schon während des Nominierungsprozesses abzeichnete, stammen die Wörter überwiegend aus drei Bereichen: Finanzen, Netz- und Informationstechnologie und Netzkultur. Das dürfte zum einen daran liegen, dass die Nominierungen online gesammelt wurden und so zwangsläufig nur von Internetnutzern stammen, für die Netztechnologie und -kultur besonders präsent sind, es liegt aber zum anderen natürlich daran, dass die gesellschaftliche und technologische Innovation in diesen Bereichen besonders hoch ist und deshalb dort besonders viele neue Wörter gebraucht werden. Anders als die Anglizismenjäger gerne behaupten, werden Lehnwörter ja nicht verwendet, um weltläufig anzugeben oder sich dem amerikanischen Imperialismus unterzuordnen, sondern um lexikalische Lücken zu füllen.

Wie gesagt, all diese Wörter stehen vorläufig noch unter Bewährung und sicher werden es nicht alle auf die Shortlist schaffen. Zusätzlich haben es aber fünf Nominierungen in die zweite Runde geschafft, die unter besonders scharfer Beobachtung stehen, nämlich das Suffix -gate und die Substantive Bubble Tea, Contentfarm, Cyberkrieg/Cyberwar und Mem/Meme.

Bei -gate war sich die Jury mehrheitlich einig, dass es viel zu alt ist, aber ein Jurymitglied ist der überzeugend vertetenen Meinung, dass es erst in jüngerer Zeit wirklich produktiv geworden sei. Wenn sich das in den nächsten Wochen belegen lässt, kann dieses Suffix es vielleicht doch noch auf die Shortlist schaffen. Auch Contentfarm, Cyberkrieg/Cyberwar und Mem/Meme scheinen auf den ersten Blick zu alt zu sein, aber sie alle zeigen einen deutlichen Häufigkeitsanstieg in 2011, sodass es durchaus möglich ist, dass sie bisher vor allem in bestimmten Sparten verwendet wurden und nun in den allgemeinen Sprachgebrauch vordringen. Keins der Wörter steht übrigens bislang im Duden — was mich bei Mem und Cyberkrieg besonders wundert, aber die eben geäußerte Spekulation stützen könnte. Bubble Tea ist dagegen möglicherweise zu neu, es ist insgesamt noch sehr selten und wir werden prüfen müssen, ob es tatsächlich schon als Lehnwort gelten kann.

Schließlich sollen noch drei Wörter erwähnt werden, die sich nicht qualifizieren konnten, die aber nicht ohne lobende Erwähnung ausscheiden sollen: Copy & Paste, Nerd und Rating. Alle drei sind im allgemeinen Sprachgebrauch bereits deutlich zu alt für den Anglizismus des Jahres 2011, aber alle drei haben im öffentlichen Diskurs des letzten Jahres eine herausragende Rolle gespielt. Das Jahr 2011 begann als Jahr der falschen Doktor/innen („Copy und Paste“), ging weiter als Jahr der durch Privatunternehmen mit durchschaubaren Interessen („Rating“-Agenturen) ausgelöste Staatspleiten und wurde durch die großen Erfolge der Piratenpartei in der Berliner Wahl und den bundesweiten Meinungsumfragen zum Jahr der (tatsächlichen oder angeblichen) „Nerds“. Wenn wir die Gesellschaft für deutsche Sprache wären und ein „Wort des Jahres“ suchten — die drei Wörter wären für uns allemal heißere Kandidaten als das schwäbisch-wutbürgerliche Stresstest.

Aber wir suchen kein Wort des Jahres, sondern den Anglizismus des Jahres, also ein englisches Lehnwort, das im Jahr 2011 nicht den öffentlichen Diskurs, sondern die deutsche Sprache besonders bereichert hat. Welches Wort wird das sein?

Die nächsten Wochen werden es zeigen!

Nominierungen: Dritte Zwischenmeldung

Seit der letzten Zwischenmeldung am 23. November sind noch einmal 16 Wörter und ein Affix nominiert worden, und zwar:

Barcamp, Casting-Truck, Contentfarm, Copy-und-Paste-Kultur, -gate, gendern, Handyticketsystem, liken (im letzten Jahr schon nominiert), Nerdbrause, Nerdmädchen, Nerdpartei, Occupist, Post-Privacy, realisieren (in der Bedeutung „einer Sache gewahr werden“), screenshotten, Scripted Reality (im letzten Jahr schon nominiert), twittern, whistleblowen

Damit stehten wir derzeit bei 46 Nominierungen (zum Vergleich: im letzten Jahr gab es bis Ende Dezember insgesamt nur 38 Nominierungen). Wie man sieht, dominieren inzwischen wieder die Bereiche IT, Medien und Internet.

Nominiert werden kann noch bis zum 31. Dezember 2011, und zwar hier.

Nominierungen: Zweite Zwischenmeldung

Im Laufe der letzten Woche sind dreizehn neue Nominierungen eingegangen.

Die meisten stammen aus dem Bereich Netztechnologie und -kultur: addenCyberwar/CyberkriegFazialpalmierung, frienden (im letzen Jahr nominiert: entfreunden/entfrienden), FratzenbuchLiquid Democracy, Onleihe, Shitstorm (schon im letzten Jahr nominiert) und trenden.

Aus dem Bereich Nahrungsmittel wurden neu nominiert: Bubble Tea, Cupcake.

Außerdem neu dabei: Carsharing, Copy & Paste.

Hier kann weiter nominiert werden!

Nominierungen: Erste Zwischenmeldung

Die Wahl zum Anglizismus des Jahres 2011 ist gut angelaufen. Vierzehn Nominierungen liegen schon vor. Nicht alle nominierten Wörter erfüllen die Kriterien für unsere Wörterwahl — einige sind beispielsweise deutlich zu alt — aber sie zeigen, in welche Richtungen sich der Wortschatz des Deutschen dieses Jahr erweitert hat.

Inhaltlich zeichnet sich im Moment ein Schwerpunkt auf der Bankenkrise ab, die mit sechs Vorschlägen vertreten ist, und zwar mit Bail-out, Compliance, Euro-Bonds, Haircut, Rating/raten und Stresstest.

Erst an zweiter Stelle folgt die Informationstechnik, mit circlen („bei Google Plus in einen Kreis aufnehmen“), Cloud (das schon im letzten Jahr dabei war), Smartphone und Tablet.

Auch die erwachende Protestkultur hat Spuren hinterlassen, sie ist mit Hacktivism und Occupy vertreten.

Alle diese Wörter werden natürlich noch auf Herz und Nieren geprüft, bevor sie in die zweite Runde kommen und nicht alle werden es schaffen — ganz sicher nicht Burn-Out und Nerd, die 2011 vielleicht besonders prominent waren, die aber seit vielen Jahren in der deutschen Sprache heimisch sind.

Also nominieren Sie bitte munter weiter, natürlich immer auf unserer Nominierungsseite!